Wieso über Dynamic Pricing im Lebensmittelhandel diskutiert wird

Nach Einführung der elektronischen Preisschilder auf den Regalen im Handel entfacht die Diskussion um "Dynamic Pricing" immer mehr. Doch, was bedeutet das überhaupt und gibt es das schon? Wir klären auf.

Wieso über Dynamic Pricing im Lebensmittelhandel diskutiert wird
Bild: Jelle / Unsplash

Dynamic Pricing, auch bekannt als dynamische Preisgestaltung, bezeichnet die Praxis, Preise für Produkte und Dienstleistungen in Echtzeit anzupassen. Diese Preisänderungen basieren auf einer Vielzahl von Faktoren, darunter Nachfrage, Angebot, Wettbewerb, Wetterbedingungen und sogar Tageszeit.

Diese schwankenden Preise gibt es seit Jahren beim Kauf von Flugtickets, Hotels und vielen Online-Shops. Hier werden die Preise teils individuell oder von verschiedenen – bereits oben erwähnten – Faktoren angepasst.

Dynamic Pricing künftig auch bei Lebensmitteln?

Doch, wieso gibt es nun so viel Diskussion darüber, dass uns dies auch beim täglichen Einkauf im Supermarkt, Lebensmittelgeschäft oder Drogeriemarkt, begegnen könnte?

In den vergangenen Monaten haben immer mehr Händler auf elektronische Preisschilder (auch: "Electronic Shelf Label", ESL) umgestellt. Diese elektronischen Displays ersetzen die herkömmlichen Papieretiketten und ermöglichen es den Supermärkten, Preise in Echtzeit zu ändern, ohne Personal physisch Etiketten austauschen lassen zu müssen.

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Hofer setzt nach eigenen Angaben beispielsweise seit März 2024 in allen Filialen flächendeckend auf die neue Preisschild-Technologie, ebenso Lidl.

Billa-Mutterkonzern Rewe, gemeinsam mit Spar, betonen, beim Umbau von Märkten, auf digitale Preisschilder zu setzen, wie "DerStandard" berichtete.
Beispiel für ein digitales Preisschild (Bild: Preisrunter)

Dadurch fällt das arbeitsintensive Ersetzen der Etiketten bei Aktionen oder Preisänderungen weg, was absolut Sinn ergibt und Papier spart – Daten von Preisrunter zeigen, dass es teils hunderte Änderungen bei den Preisen pro Nacht in einem Markt gibt.

Auch lobt Preisrunter im Sinne der Transparenz, dass die Preise am Regal dann immer sofort mit jenen in der Kassa übereinstimmen würden, was momentan nicht immer der Fall ist. Teilweise wurden Produkte teurer oder Aktionen beendet, was dann erst beim Bezahlen an der Kasse auffällt.

Einige befürchten jedoch, dass Händler diese elektronischen Preisschilder auch nutzen könnten, um Preise je nach Nachfrage anzupassen.

Wie würde sich Dynamic Pricing beim täglichen Einkauf auswirken?

Für die Kunden bringt Dynamic Pricing im Supermarkt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Einerseits können sie von günstigeren Preisen profitieren, wenn die Nachfrage niedrig ist oder Sonderaktionen in Echtzeit am Regal ersichtlich sind. Andererseits kann es auch dazu führen, dass Preise in Spitzenzeiten oder bei hoher Nachfrage steigen, was einige Kunden als unfair empfinden könnten.

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Durch "Dynamic Pricing" wäre es theoretisch vor einem heißen Wochenende möglich, kurzfristig den Preis von Eis steigen zu lassen.

Durch die Einführung von Dynamic Pricing könnte es auch nicht mehr klar sein, wie viel das Produkt hier und dort kostet. Hier könnte sich ein Preisvergleich bei Preisrunter noch mehr lohnen.

Handelsverband und Märkte beruhigen: Befürchtungen haltlos

Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbands, Rainer Will, versichert nach der Kritik der Arbeiterkammer Salzburg nach "LEADERSNET" allerdings, dass diese Theorien zur Einführung haltlos seien:

"Die Befürchtungen rund um Dynamic Pricing im stationären Handel sind haltlos. Die gelebte Praxis in Österreich belegt das Gegenteil. Zahlreiche stationäre Händler haben elektronische Preisschilder seit vielen Jahren im Einsatz, von einem flächendeckenden Einsatz von Dynamic Pricing kann aber überhaupt keine Rede sein."

Im Ö1 Morgenjournal betont Spar außerdem, dynamische Preisgestaltung schon aus "Konkurrenzgründen" in ihren Märkten auszuschließen. Stefan Perner, Professor für Zivil- und Unternehmensrecht an der WU Wien, merkt im Journal außerdem an, dass Preiserhöhungen bei ausgeschriebenen Angeboten aufgrund des Irreführungsverbots grundsätzlich fix sein müssten:

„Preiserhöhungen gab es schon immer und sie sind auch zulässig, das ist auch der Grund für Inflation“. Weiters: „Preise in Prospekten und Katalogen dürfen im ausgewiesenen Gültigkeitszeitraum nicht verändert werden.“

Im oben erwähnten Bericht des "DerStandard" aus dem März 2024 betonten allerdings Rewe mit den Marken Billa und Penny sowie Spar, Hofer und Lidl auf Nachfrage, dass sie keine Pläne zu Dynamic Pricing haben:

"Wir kommunizieren Preise unter anderem über unsere Flugblätter, die wir wöchentlich ausschicken", heißt es etwa von Rewe. "Da wir zum Beispiel in allen Billa-Filialen die gleichen Preise haben, wäre es in der Praxis nicht möglich, die Preise zweimal täglich zu ändern." In jenen Billa-Märkten ohne digitale Preisauszeichnung müssten die Preise am Regal schließlich händisch umgestellt werden. Eine Preisrallye bei Lebensmitteln würde Rewes Anspruch einer "transparenten Preispolitik" auch nicht entsprechen, heißt es weiter.

Momentan kein Markt mit Dynamic Pricing

Bislang setzt nach Preisrunter-Recherchen aber noch kein einziger Markt in Österreich auf Dynamic Pricing, wodurch die Diskussion darüber sowieso momentan nur theoretisch ist. Es bleibt also weiterhin spannend, wobei – wie oben erwähnt – die meisten Ketten diese Praxis im Moment sowieso ausschließen.